Siedlungen in Schönebeck
„Wohnen auf der Seilscheibe“
Für die Bergleute des neuen Schachtes Kronprinz an der Schönebecker Aktienstraße (Schacht 3 der Zeche Rosenbaumdelle) wurden zwischen 1912 und 1917 erste Häuser der Siedlung Ardelhütte errichtet. Bauherr war der Eigentümer von Rosenbaumdelle der Mülheimer Bergwerksverein. Solche Siedlungen, die seit 1850er Jahren vielfach im Ruhrgebiet entstanden waren, um die Bergleute an die Zeche zu binden, wurden im Volksmund auch Kolonien genannt. Weil die Siedlungen gewöhnlich dicht neben die Zechen gebaut worden sind, sprach der Volksmund auch vom „Wohnen auf der Seilscheibe“, also gleichsam auf dem Förderturm, wo sich die großen Räder (Seilscheiben) drehen.
Der Name Ardelhütte geht auf ein vormaliges Anwesen mit Namen „In der Addelhütte“ zurück. Zunächst baute man an der Ardelhütte fast ausschließlich Zweifamilien-Häuser. Jede Bergmannsfamilie hatte ihren eigenen Nutzgarten. 1920 errichtete man weitere Bergmannshäuser an der Schacht-Kronprinz-Straße.
Anfang der 1990er Jahre wurden die Häuser umfassend renoviert. Bis dahin haben sie sich äußerlich kaum verändert. Eine Initiative, die Siedlung unter Denkmalschutz zu stellen, scheiterte. Im Sommer 1993 gründeten die Bewohner den Verein „Bergbaukolonie Schönebeck e. V.“. Sein Zweck ist die Förderung nachbarschaftlicher Verbundenheit und die Verbesserung des sozialen Umfelds. Der Verein will außerdem die Erinnerung an den lokalen Bergbau und seine Kulturgeschichte wachhalten.
Schacht Franz
Der Durchbruch in Schönebeck
Das moderne Ruhrgebiet beginnt in Schönebeck. Denn in dieser Gegend wurden die ersten Mergelschächte des Reviers abgeteuft. Sie sollten die Kokskohle erschließen. Das ist Steinkohle, die in einem Koksofen zu einem Hochofenkoks niedergebrannt werden kann. Koks ist das ideale Brennmaterial für die Eisenschmelze. Die Entwicklung der Ruhrindustrie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wäre ohne Kokskohle als Rohstoff nicht denkbar.
Im Mai 1832 bekam Franz Haniel vom Essen-Werden´schen Ober-Bergamt einen Schurfschein zum Abteufen (Niederbringen) des Schachtes Franz in Schönebeck.
Im April 1833 lieferte die Gutehoffnungshütte eine Hochdruckdampfmaschine für die Bohrarbeiten in Schönebeck. Damit gelang im folgenden Jahr die Durchdringung des Deckgebirges. Das Problem war das eindringende Grundwasser, das mit Hilfe dieser Maschine aus dem Schacht gepumpt wurde.
Am 27. März 1834 erhielt Franz Haniel vom Bergmann Stölzel die Nachricht: „dass im Kaldenhoffer Busch ein Flöz angebohrt“ wurde. Leider war das Flöz nur etwa ein Fuß (29cm) mächtig. Außerdem war der Schacht zu eng, die Förderung lohnte sich nicht. Dennoch war das Ereignis für Haniel von größter Wichtigkeit: Mit dem Schacht Franz war der Durchbruch zur Kohle unter dem Mergel geschafft. An den Bergmann Stölzel erinnert heute in Schönebeck leicht abgewandelt der „Stötzelweg“.
17 Kannen Rotwein
Welche Bedeutung der Schacht Franz für Haniel hatte, lässt sich daran erkennen, dass er die Bergleute zu einer Feier beim Wirt Kaldenhoff geladen hat. Neben 17 Kannen Branntwein (etwa 22 Liter) für die etwa 30 Mann standen auf der Rechnung auch noch etliche zerbrochene Gläser, 137 Liter Bier, Musikanten, Weißbrot und Käse. Die Gastwirtschaft Kaldenhoff existiert noch heute an der Aktienstraße.
Die Gutehoffnungshütte 1850-1900
Expansion dank Kokskohle
Mit der Erschließung der Kokskohlenflöze im Ruhrgebiet gelang es Franz Haniel, den ersten Montankonzern im Ruhrgebiet zu schaffen. Von der Gewinnung der Rohstoffe über die Produktion bis zum Verkauf der Produkte an Endkunden waren alle wichtigen Glieder der Wertschöpfungskette aneinander gereiht.
Die Gutehoffnungshütte (GHH) wuchs zum größten Stahl- und Maschinenbaukonzern im Ruhrgebiet heran. Die Familie Haniel baute das Unternehmen seit den 1850er Jahren kontinuierlich aus. Technische Neuerungen wie Thomasstahlproduktion (1882) und die Umstellung auf das Siemens-Martin-Stahl-Verfahren (1890) halfen der GHH konkurrenzfähig zu bleiben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts war die GHH zu einem Weltkonzern geworden.
Zeche Vereinigte Kronprinz
Die erste Mergelzeche des Reviers
König Wilhelm IV. von Preußen (1795-1861) war im Oktober 1833 als Kronprinz auf dem Weg zur Gutehoffnungshütte Sterkrade durch Schönebeck gekommen. Zur gleichen Zeit stieß Franz Haniel bei einem Bohrversuch nahe Schacht Franz auf Kohle. Den 1835 an dieser Stelle begonnen Schacht nannte Haniel deshalb Kronprinz von Preußen.
Im Mai 1835 begann Franz Haniel die Teufarbeiten am Schacht Kronprinz. 1837 wurde in etwa 100 Metern Tiefe (bergmännisch „Teufe“) ein Flöz angebohrt. Es war nicht die erhoffte Kokskohle, sondern lediglich Esskohle. Dennoch startete Haniel die Kohlenförderung.
1838 vereinigte er die Schächte Franz und Kronprinz von Preußen zu Vereinigte Kronprinz. 1840 wurde in 200 Metern Tiefe ein zweites Flöz angebohrt – auch dort nur Esskohle. Wegen großer Wassereinbrüche wurde diese tiefste Sohle noch im selben Jahr aufgegeben. Im März 1842 wurde schließlich die gesamte Anlage stillgelegt.
Franz Haniel hatte ohne greifbares Ergebnis über 130.000 Reichstaler investiert., das wären heute viel Millionen Euro. Dennoch hatte die Vereinigte Kronprinz ihre Bedeutung als eine fördernde Mergelzeche des Reviers.